Die Geschlechterrollen

Zielstrebig steuert Jule auf Puppen und die Kartons mit den Prinzessinnenkleidern zu. Die Fünfjährige kennt sich im Spielwarenladen aus. Pink ist ihre Lieblingsfarbe. Lila oder gelb „gehen gerade noch“. Jule weiß, was sie will. Simon findet Mädchenfarben blöd. Auch Mädchen(spiel)sachen, wie Plüschtiere oder rosa Taschen lässt er links liegen. Der Gleichaltrige mag Legos, Bagger, blaue und grüne Sachen. Pinkfarbene Socken kämen ihm nie an seine Füße.

Sind `s die Gene oder ist alles Erziehungssache? Die 50er Jahre sind vorbei. Frauen und Männer haben sich emanzipiert. Geschlechterrollen – Machos oder Prinzessinnen – sollten überholt sein. Oder sind diese Rollen biologisch verankert?

Es gibt inzwischen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Ergebnisse sind, dass zwischen drei und sechs Jahren das Geschlecht für Kinder von großer Bedeutung ist. Kinder wollen die Welt begreifen. Sie brauchen „Einteilungen“, um sich zu orientieren und zu unterscheiden. Geschlechterrollen gelten in frühen Kindesjahren wie „Naturgesetze“. Mit zunehmendem Alter, durch Schule, Medien und Werbung gehen Kinder mit Geschlechterrollen flexibler um. Jungen können sich auch sensibel und einfühlsam zeigen oder zu Gefühlen stehen. Mädchen lassen Aggressionen zu, zeigen sich stark und stehen zu ihrer Meinung.

Ob Bagger oder Puppen, im Zusammenleben mit Kinder ist es wichtig, sie stark zu machen. Kinder brauchen Anerkennung und Respekt. Werden sie als Person mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Auffassungen akzeptiert, können sie sich zu selbstbewußten Menschen entwickeln – egal ob mit pinkfarbenen oder grünen Socken.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 28. Juli 2007