Beste Freundinnen

“Ich kann Deine Probleme nicht lösen”, platze es aus Nadja heraus. Seit Monaten hörte sie Mona geduldig zu, wenn sie von ihren Problemen mit Ingo sprach. Mona zeigt Verständnis, gab gute Ratschläge. Ganze Nächte lang saßen beide zusammen. Es gab immer nur ein Thema – Ingo und die stressige Beziehung. Was Ingo gemacht hatte, wodurch er enttäuscht und verletzt hatte. Alles wurde in Einzelheiten geschildert.

Nadja hatte den Anspruch an sich selbst, immer für ihre beste Freundin da zu sein. Sie wollte helfen, unterstützen, stärken. Ihr Ausbruch zeigte ihr jedoch, dass sie zu lange nur zugehört und sich auf ihre Freundin konzentriert hatte. Auf die Dauer geht selbst das bei der besten Freundin nicht. Zuhören ist gut und wichtig, das f ihre Freundin konzentriert hatte. Auf die Dauer geht selbst das bei der besten Freundin nicht. Zuhören ist gut und wichtig, das signalisiert Trost und Verständnis. Es ist wichtiger noch als gute Ratschläge geben. Auch Zeit zum Dampfablassen, Lästern, Schimpfen ist wichtig. Es entlastet und baut Stress ab.

Nadja hatte allerdings dabei für sich neuen Stress aufgebaut. Sie hatte Mona viel zu wenig gefragt, was sie denn überhaupt wollte. Ob sie überhaupt alles mit Ingo besprochen hatte. Was nutzten alle Frauengespräche, wenn der zweite Hauptbeteiligte in der Beziehung von allem nichts wusste. Denn Mona konnte und wollte keine Vermittlerin oder Therapeutin der Beiden sein.

Sich selbst hatte Mona zudem völlig übergangen. Sie selbst hatte auch vieles in den Monaten erlebt, über das sie gerne gesprochen hätte. Stattdessen hatte sie irgendwann nur noch aus Pflichtgefühl zugehört und hatte Ärger auf ihre beste Freundin entwickelt. So schwer es auch war – klare Worte über sich selbst, in einer angemessenen Form – das hatte Mona sich für den Umgang mit allen Freunden vorgenommen.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 12. September 2009