Mutter und Tochter

Beate freut sich auf die Reise mit ihrer Tochter. Fünf Tag nach Rom hatte Nora ihrer Mutter zum runden Geburtstag geschenkt. Nur für Mutter und Tochter sollte diese Reise sein. Beate war noch nie alleine mit ihrer Tochter verreist, deshalb ist es auch eine ganz besondere Tour. Sie hatte immer ein ganz gutes Verhältnis zu ihrer Tochter, oft mit nur wenigen Worten verbunden. Aber von ihr aus immer geprägt von Fürsorge, Stolz, Liebe und Anerkennung. Vor allem hatte sie immer Vertrauen zu Nora, dass sie ihren Weg gehen und ihr Leben meistern würde. So richtig darüber gesprochen hatte Beate mit Nora darüber aber nie.

Reibungspunkte und Spannungen lagen schon lange zurück. In der Pubertät gab es öfters Auseinandersetzungen und Streitereien. Aber auch in dieser Zeit hatte es Beate immer geschafft, Gefühle wie Enttäuschung oder Traurigkeit gut für sich verkraften zu können. Nie sollte Nora eine eifersüchtige, kämpfende Mutter erleben, wie sie es selbst erlebt hatte. Beate hatte es geschafft, eine gute Mutter-Tochter-Beziehung, geprägt vom Grundgefühl der Geborgenheit, Sicherheit und Akzeptanz zu leben. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter konnte sich derart tatsächlich als etwas ganz Besonderes entwickeln.

Nora hatte die Chance, eine unabhängige, eigenständige Persönlichkeit zu werden. Auch in Konfliktsituationen erlebte sie Vertrauen und Verbundenheit mit ihrer Mutter. Manchmal empfand sie ihre Mutter sogar als „viel zu lieb“ mit ihr. Es fiel ihr dann schwer sich abzugrenzen oder zu befreien. Sie konnte schlecht rebellieren oder auf Konfrontationskurs gehen. Auch konnte sie ihre Mutter nie peinlich und unangenehm finden. Letztendlich hatte Beate es geschafft, dass eine tiefe Verbundenheit entstanden war. Und deshalb freut sich Nora nun auch auf die gemeinsame Reise und die neuen Erlebnisse mit ihrer Mutter.


Von Ulrike Elbers, Familientherapeutin/Supervisorin – Wuppertal
Veröffentlicht in Westdeutsche Zeitung, WZ, Kolumne: Beziehungen am Samstag 19. April 2014